iPad Zwangsanschaffung an Wittener Schulen vs. § 96 Lernmittelfreiheit und deren Finanzierung…

Kategorien: Bildung, Politik, Recht/Unrecht

In den letzten Wochen/Monaten kam es immer wieder auf das Thema “iPads an Wittener” Schulen. Interessiert und gespannt habe ich das Thema verfolgt.

Leider ware die entsprechenden Wittener Ratsfraktionen da gar nicht so redsam in dieser Angelegenheit. Es “gammelte” so vor sich hin, dieses Thema…der ein oder der andere schrieb mal hier und da etwas dazu…im zuständigen Schulausschuss hat plötzlich eine Firma wie ThinkRED sich vorgestellt und diverse Finanzierungsangebote präsentiert. Man sprach ab und an mal, wie üblich, im Schulausschuss darüber.

Vor wenigen Tagen trudelte dann mal eine E-Mail des städtischen Ruhr Gymnasiums ein. Man möge bitte dem Anhang entnehmen, welches iPad man auf eigene Kosten anschafft (495,- Euro bis hinzu 568,- Euro). Die Formulierung war/ist sehr ungeschickt gewählt…so spricht man in dem einen Schreiben noch davon, dass man auch einen vorhandenen PC/Tablet benutzen kann, so hieß es dann bei einer Zoom Konferenz mit den entsprechenden Eltern, Lehrern und Schulleiter, dass es zwingend notwendig sei, ein iPad anzuschaffen und die Formulierung in dem Anschreiben vorher etwas ungünstig gewählt war. Das war für viele wie ein Schlag ins Gesicht, zumal gerade im letzten Jahr durch Homeschooling womöglich erst neue Geräte angeschafft wurden.

Diese sind pauschal gesagt nicht immer kompatibel mit dem IT Programm (Apple) der Stadt Witten, da sofern es sich um iPads handelt, diese zwingend DEP(MDM) tauglich sein müssen, was jedoch bei Geräten welche im freien Handel oder örtlichen Einzelhandel erworben wurde, ggf. nicht der Fall ist. Das DEP (Apple Link) ist aber ein eigenes Thema welches ich hier nicht besprechen möchte.

Nun lag uns diese Mail vor, mit der Aufforderung ein iPad zu bestellen. Der Hinweis auf Unterstützungsmöglichkeiten sieht jedoch nur die Unterstützung für finanziell schwache Familien voraus.
Unabhängig von einer Unterstützungsmöglichkeiten gibt es da aber noch das Schulgesetz NRW.

Dort findet man z.B. folgenden Paragraphen:
(Quelle: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=0&bes_id=7345&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=463172)

§ 96 (Fn 6) Lernmittelfreiheit  
(3) Der Eigenanteil bestimmt den Anteil, bis zu dem die Eltern verpflichtet sind, Lernmittel nach Entscheidung der Schule auf eigene Kosten zu beschaffen. Der Eigenanteil darf ein Drittel des Durchschnittsbetrages nicht überschreiten. Der Eigenanteil entfällt für Empfängerinnen und Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Über weitere Entlastungen vom Eigenanteil entscheidet der Schulträger in eigener Verantwortung.] 

Dieser beschreibt vermutlich genau die Umstände die wir gerade vorfinden. Die Schulkonferenz hat entschieden iPads einzusetzen, ok, wenn auch ein Vendor Lock-In, aber ok (auch auf den Vendor Lock-In möchte ich hier ebenfalls nicht näher eingehen).
Mit dem § 96 kann die Schule also die Anschaffung von Lernmittel “erzwingen/einfordern”. Mit dem Hinweis dass der Eigenanteil, den man als Elternteil zahlen muss, nicht mehr als 1/3 des Durchschnittsbetrages betragen darf. Klingt simpel. Aber was ist denn genau der Durchschnittsbetrag?

Schauen wir mal wieder in das zuständige Schulgesetz des Landes NRW:
(Quelle: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000287)

§ 1 (Fn 3) Durchschnittsbetrag, Eigenanteil 
… 
2) Der Eigenanteil beträgt ein Drittel des jeweiligen Durchschnittsbetrages. Er ist für jedes Schuljahr möglichst in voller Höhe geltend zu machen; preisbedingte Unterschreitungen sind zulässig. Die Entscheidung darüber, welche Lernmittel in Höhe des Eigenanteils zu beschaffen sind, trifft die Schulkonferenz.
§ 2 (Fn 4)
Allgemein bildende Schulen

Sekundarstufe II
Gymnasiale Oberstufe
bis zu 93 Euro.

Super. Dann haben wir das ja irgendwie schnell, wenn auch irgendwie sehr versteckt, gefunden und geklärt.

In dem konkreten Beispiel sind das also 31,-Euro die wir als Eltern für ein iPad, welches als Lernmittel am Ruhr Gymnasium in Witten zwingend erforderlich ist, zahlen müssten.

Eine kleine Bemerkung sei noch erlaubt, das Schulgesetz NRW scheint so alt, als dass es iPads aka digitale Endgeräte noch gar nicht so richtig kennt, aber es werden im Umkehrschluss nun auch nicht Kreidetafeln genannt, was mich zu der Annahme bringt, dass wir hier im § 96 generell von Lernmitteln, wie z.B. von einem iPad, ausgehen dürfen. Das iPads hier nicht inkludiert steht ebenfalls nicht dort geschrieben.

Ob oder wie das iPad nun tatsächlich über den § 96 abzurechnen ist, steht noch zur Diskussion aus, da der Zeitraum nicht ganz klar geregelt ist in dem § 96. Sofern wir von regulär einem Schuljahr ausgehen, weil sich auch die Durchschnittsbeträge darauf beziehen, sind das also theoretisch 31,- Euro pro Jahr und iPad. Wenn die Kinder nun also vermutlich nur noch 3 Jahre an der Schule sind, wären das also im Worstcase 3x 31,- Euro, in Summe 93,- Euro. Jedoch dürften dann keine weiteren Kosten mehr anfallen für die Lernmittel, da der Durchschnittsbetrag damit maximal ausgeschöpft ist.

Diese Grundlage an Informationen, Gesetzen habe ich benutzt um den Bürgermeister der Stadt Witten, sowie die aktuellen Ratsfraktionen darüber zu informieren und die Information eingefordert, was genau die rechtliche Basis ist. Da die Schule nicht die 31,- Euro einfordert, sondern von den Eltern verlangt ein vielfaches des Durchschnittsbetrages zu den Lernmitteln abzuverlangen.

Ich bin sehr gespannt auf die Antwort der Stadt Witten. Ebenso ob es eine der aktuell amtierenden Ratsfraktionen überhaupt auch nur ansatzweise interessiert.

Solange wir hier über Schulen und Bildung sprechen, bleibe ich bei meiner Position und fordere weiterhin kostenfreie Bildung für jedes Kind, in diesem Land und auch in jedem anderen Land diese Erde!
Bildung kann und darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern/Erziehungsberechtigten abhängig sein.

Die Bildung der Kinder ist unsere Zukunft! Da muss die Gesellschaft investieren.

«
»

    Schreibe einen Kommentar

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.