Luxman L-190 (nicht A)

Kategorien: Technik

Alles begann mit einem sehr günstigen Angebot auf eBay Kleinanzeigen. Ein gebrauchter, defekter, Luxman L-190 Verstärker. Ein schöner alter Stereo Verstärker aus dem Jahr 1984. Als Fehlerangabe wurde “Brummen” und eine warme Endstufe angegeben.
Das Brummen konnte ich bisher noch nicht prüfen/nachvollziehen. Der Grund für eine (zu) warme Endstufe kann ggf. einfach am falschen Ruhestrom liegen. Aber auch das lässt sich bei dem L-190 einstellen.

Nach dem ich mich mit dem Verkäufer schon geeinigt hatte, erreichte mich eine Nachricht, dass er den Verstärker noch mal angeschlossen hat und er “Brummen” würde bzw. ein Kanal nicht mehr geht und er den Verstärker aus dem Grund dann lieber doch nicht verkaufen möchte.
Auf meine Bitte hin diesen trotzdem zu verkaufen, auch als defektes Gerät, konnten wir uns doch noch einigen.

Also ging es vor 2 Tagen spontan gegen späten Nachmittag in den Süden nach Hanau. Auf dem Weg dorthin einen wie imemr interessanten Podcast mit Virologen Christian Drosten gehört.

Vor Ort in Hanau hatte ich dann das Vergnügen eine feine, optisch wie neue Luxman C-02 und M-02 zu sehen, grossartige Geräte! Diese Kombi steht auch noch auf meiner Wunschliste.

Noch während ich begeistert diese 2 alten Geräte im Blick hatte, erzählte mir der Verkäufer was passiert war und dass er mir das mal eben zeigen möchte, nur damit ich Bescheid weiß. “NEIN, STOP, nicht einschalten” sagte ich und erklärte ihm was dort passiert ist. Ich erklärte ihm dass dieses Gerät keine Lautsprecher Schutzschaltung besitzt und dass ein ungünstiger defekt in der Endstufe dazu führen kann, dass die Gleichspannung der Endstufe an die Lautsprecher durchgereicht werden kann. Das ist hier auch passiert, wie sich später bei mir zu hause auch so herausstellt.

Luxman L-190

Nach dem ich die Überprüfung initial falsch angegangen bin, aber dazu komme ich gleich/später, habe ich den Ruhestrom der beidne Kanäle überprüft und eingestellt. Dabei stellte sich heraus, dass die beiden Trimmpotentiometer RV101a und RV101b (470Ohm linear), nicht mehr im besten Zustand sind und leicht “kratzen” sodass sich der Ruhestrom nicht wo richtig gut einstellen lässt.

Desweiteren ist die Z-Diode D112 (22V), wie schon vom ollisTubes in seinem YoutubeChannel mit dem Video zur Reperatur von einem Luxman L-190 beschrieben, dabei die Platine langsam zu rösten. Auch das werde ich ändern mit einer neuen Z-Diode, 1,3W oder 5W mal schauen was dort mechanisch passen wird. Diese werde ich ebenfalls höher einbauen, sodass die Wärme nicht direkt auf die Platine abstrahlt und diese dadurch langsam beschädigt.

Zu den beiden Potis und der Z-Diode kommen noch eine handvoll Elkos die ich in diesem Zuge nach bald 40 Jahren austauschen werde. Dabei werde ich ebenfalls die vorhandenen 4700uF 35V Elkos im Netzteil durch die 63V ersetzen, da sich wie auch im Video beschrieben, die Netzspannung seit dem erhöht hat und damit auch die Elkos an ihre “technischen” Grenzen kommen bei Netzschwankungen. Da wir hier sehr stabile 238V je Phase bekommen, ist es einfach ratsam diese auszutauschen.

Schauen wir mal kurz auf dein eigentlichen “Fehler”. Ich kaufte den Verstärker mit der Absicht diesen zu reparieren und entsprechend zu revidieren. So als Radio und Fernsehtechniker tut man solche Dinge einfach mal gerne als Beschäftigung, Hobby und vielleicht auch, weil gerade Pandemie ist und man nicht viel anderes spannendes tun kann.
Da ich solche Projekte gerne mache und mein ehemaliger Arbeitskollege und super Kumpel Ralf ebenfalls Freude daran hat, haben wir dieses Projekt remote zusammen gemacht. Er hatte die Aufgabe sich das Schaltbild anzuschauen, während ich einfach die Messspitzen schwinge und Messe…kleiner Spoiler, wer viel misst, misst viel Mist! Das kommt nicht von ungefähr.
Üblicherweise fängt man bei der Fehlersuche mit einer allgemeinen Diagnose an. Was geht, was geht nicht…man geht im Kopf schon mal die einzelnen Baugruppen durch und schließt ggf. ein paar Dinge aus.
Hier war es, warum auch immer, anders. Wir fingen hinten an…ich ging davon aus, dass wir eine Gleichspannung am linken Kanal am Ausgang haben. Das stimmte, +35,5V am linken Kanal und +16V am rechten Kanal.
Wir haben in den folgenden Stunden, so ziemlich jeden Transistor in dieser Endstufe durchgemessen und geprüft, während dessen natürlich auch viel gequatscht, sodass ein Grossteil der Zeit eigentlich für “Socializing” drauf ging.

Nach dem uns die Messergebnisse zunehmend verwundert haben, ging ich dem Schaltbild nach und verfolgte die jeweiligen Versorgungsspannungen zu ihrer Quelle, ins Netzteil.
Dort fiel mir etwas auf…auf der linken Seite war die Sicherung für die Negativ Spannung, die F102a defekt. Beim genaueren Hinschauen bemerkte ich zu dem dass es sich um eine 1A/250V Sicherung anstatt der 1,4A/250V Sicherung handelte. Das macht mich/uns stutzig. Also nahmen wir uns auch die Sicherung F101a vor, die für die +35V Versorgung.

Und jetzt haltet euch fest.

Feinsicherung 6,3A/250V

JA! Ihr seht richtig. Es war eine 6,3A/250V Feinsicherung eingebaut. Und zwar keine Flinke, sodass kurzzeitiger hoher Strom ggf. hätte etwas bewirken können, nein es war eine T6,3A/250V, die träge Version. Also keine Chance dass diese hier ebenfalls hätte auslösen können.

Nun hat die F102a mit T1A/250V ausgelöst und damit die Negativ Spannung “ausgeschaltet”. Das hatte zur Folge dass in der Endstufe der Q108a (2SA1145) den Weg frei gemacht hat um die +35V über den Q112 (2SC3180) quasi direkt an die Lautsprecher auf dem linken Kanal durch zu schieben. Da schrie der Lautsprecher sicherlich kurz auf und ging seinen Weg, ein letztes Mal.

In den nächsten Tagen kommen die Ersatzteile an, sodass ich den Verstärker entsprechend revidieren kann. Dazu gehört auch dass die Endstufen Transsistoren neue Wärmeleitpaste und neue Glimmerscheiben bekommen. Ebenso neue Isolierbuchsen.

Man darf sich beim Messen der Temperatur in der Endstufe an den Ruhestrom-Transsistoren Q111a (2SC1845) nicht irren lassen. Die Temperatur auf der rechten Seite (Bauteile mit dem Zusatz b beschriftet) wird an der negativen Seite gemessen, während auf der linken Seite (Bauteile mit dem Zusatz a beschriftet) jedoch an der positiven Spannungsseite gemessen wird. Somit sind die Ergebnisse nicht unbedingt zu 100% vergleichbar.

Vor wenigen Tagen hatte reichelt.de dann auch die bestellten Ersatzteile geliefert. Elkos, Sicherung und Dioden kamen zügig bei mir an.

Bei RS-Components hatte ich die originalen ALPS Druckschalter bestellt. Diese haben ewig gedauert, da bei RS-Components anscheinend die linke Hand nicht wusste was die rechte Hand tat. Dann kam noch hinzu, dass gemäß Lieferschein und Artikelbeschreibung die gelieferte Menge nicht stimmt. Eine VPE beinhaltet 4 Schalter, wie auf dem Lieferschein und auf der Website beschrieben. Geliefert wurden angeblich 8 VPE, also 32 Schalter. Angekommen sind jedoch nur 8. Das ist aber noch mal ein anderes Thema und wird gerade eskaliert.
Ansonsten passen diese Schalter, es sind exakt die selben wie original verbaut waren.

Nach dem ich den Kühlkörper demontiert hatte, konnte ich diesen auch wesentlich besser reinigen.

Die Ersatzteile sind soweit verbaut. Auch die Endstufen Transistoren sind wieder sauber mit neuen Glimmerscheiben und Kühlpaste verbaut.

Nach dem die Endstufen Transistoren nun wieder verbaut waren musste der Ruhestrom erneut eingstellt werden. Warum? Na weil ich die Potis für den Ruhestrom mit ausgetauscht habe. Diese habe ich vor dem Einbau auf den Ohm Wert der ausgebauten vor eingestellt. Aber dadurch dass in der Endstufe auch diverse Elkos und eine Z-Diode ausgetauscht wurde, ist es auch angeraten den Ruhestrom einzustellen.

Also alle “Strippen” wieder an die Messpunkte und abwarten. Es empfiehlt sich den Ruhestrom nach 5 bis 10 Minuten erst einzustellen, da die Endstufe selbst auch etwas “warm” laufen sollte.
In der Einschalt und Wartezeit habe ich den Wert immer mal wieder angepasst. 15mV +-5mV darf der gemessene Wert hier haben. Nach dem Abschluss der Einstellarbeiten, stand der Ruhestrom-Wert bei ziemlich genau 15.0mV.
Durch ein erneutes Ausschalten und Einschalten nach ein paar Minuten (Abkühlung) erreichte die Endstufe wieder den selben Wert. Toll.

Nach Abschluss dieser Arbeiten konnte der L-190 nun wieder zusammen gebaut werden.

Luxman L-190 Frontansicht

Den Abschlusstest bestand der L-190 mit Bravur. Zum testen habe ich hier die Yamaha NX-E100 Boxen benutzt.

Nun schaue ich nach dem nächsten Projekt…sofern jemand von euch zufällig ältere “Vintage” Verstärker oder Vor und Endstufen abzugeben hat, dann einfach eine Info an mich. Danke

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